Ich habe den Eintrag extra so genannt, damit die, die jetzt "Ach... Schon wieder..." denken, ihn erst gar nicht durchlesen müssen. Ihr wart gewarnt.
Ich bin es so leid. Ich bin es so übertrieben leid. Ich habe vor über einem Jahr mein Abi geschrieben, wenn ich zurückblicke, bin ich eigentlich - außer in den aufs Abi folgenden Sommerferien - seitdem nicht mehr glücklich gewesen. Oder zufrieden. Wieso? Weil die Dinge, die mich früher glücklich oder zufrieden gemacht haben, nicht mehr da sind, oder weil sie scheiße geworden sind. Ich drück es jetzt drastisch aus: In der Schule war ich ziemlich gut und vor allem interessiert, auch an so Sachen wie Biologie oder sowas. Was man halt beigebracht bekommen hat, fand ich (größtenteils) ganz interessant. Jetzt, in der Uni, bin ich ich saufaul und mir geht fast alles am Arsch vorbei und gut bin ich erst recht nicht mehr. Ich fühle mich an der Uni fehl am Platz, ich fühl mich von Kommilitonen (dieses Wort hasse ich allein schon EXTREM!) nicht wirklich akzeptiert, viele von den Leuten an meiner Uni sind solche sozial inkompetente Vollidioten, dass ich mich unglaublich schäme, mit ihnen in einem Studiengang zu sein. Ich vermisse es mündliche Noten zu bekommen, die einen bestätigen, die einem sagen: Hey, dein Lieblingsfach ist nicht umsonst dein Lieblingsfach! Du rockst, man! Jetzt rocke ich einfach nicht mehr, nennt mich von mir aus eingebildet oder zurückgeblieben, mir egal, aber ich BRAUCHE Lob und Bestätigung für das, was ich tue. Ich bin ein Mensch, der unheimlich schnell zweifelt. Bitte zeigt mir einen Eintrag aus den letzten Monaten, in dem ich glücklich oder zufrieden geklungen habe. Die waren allesamt gejammert, alles ist so anstrengend, alles hat sich verändert, alles ist doof. Kein einziger ist dabei, in dem ich sage, hey, hat doch mal alles ganz gut geklappt heute, nein. Ich habe alles angezweifelt. Weil ich mir nicht sicher bin, ob ich auf dem richtigen Weg gehe. Ich brauche, dass Leute mir das Gefühl geben, auf dem richtigen Weg zu sein. Aber mein Mathelehrer ist nicht mehr da, meine Deutschlehrerin nicht, meine Geschichtslehrerin nicht, viele Freunde nicht mehr. Für meinen Chef reiße ich mir seit bald einem Jahr ein Bein aus. Ich arbeite nicht nur in seiner Firma, ich MAG seine Firma, ich hänge mit meinem Herz daran. Ich mag die Menschen, die da arbeiten, ich mag die Arbeit da, ich mag meinen Chef. Wenn er sagt: "Wir haben am Samstag zu wenig Leute auf dem Event!", dann bin ich da und helfe mit. Auch wenn ich die ganze Woche über genug gemacht habe, um einen freien Tag ziemlich geil zu finden. Wenn er sagt: "Wir machen morgen früh um sechs Uhr Inventur!", dann stehe ich um fünf Uhr in der Frühe auf und mache mit Inventur. Aber in all den Monaten hat er nicht ein einziges Mal gesagt: "Mazenoire (also, er würde natürlich nicht 'Mazenoire' sagen...), du leistest hier seit einiger Zeit echt super Arbeit, du bist da, wenn wir Hilfe brauchen, du machst deinen Job GUT und ich finde, das muss dir mal gesagt werden!" Oder sowas in der Richtung. Ich hab immer seltener Lust auf Arbeiten, weil ich mir denke, da arbeiten andere Aushilfen, die in Rechnungen Smileys malen, neben den Namen des Kunden, wenn der lustig ist, wenn der zum Beispiel "Jörg Bumsdat" heißt, und ich, die dringend mal üben sollte, ihr Herz von Dingen zu lösen, die nicht wichtig sind, arbeite ordentlich und gut und denke mit und versuche Systeme zu optimieren und meinem Chef positiv aufzufallen, und ich kriege einfach nie was zurück.
Meine beiden Taekwondo-Trainer machen mir den einzigen sportlichen Ausgleich, den ich neben dem Unikram und dem Arbeiten im Zeitplan unterbringen kann, grade auch noch so dermaßen mies, dass ich heute im Training vor Wut geheult habe, ja, geheult, so mit Tränen und so, haha, lacht ruhig. Wir haben die Regel: Wenn einer fragt, ob wir Trinkpause machen dürfen, muss die ganze Gruppe zehn Liegestütze machen. heute war es warm, und schwül noch dazu, normalerweise dürfen wir uns selbstständig aufwärmen, heute hat mein übermotivierter Trainer das übernommen, wir waren also schon alle nach dem Training total im Eimer und haben geschwitzt wie Hunde. Nach dem Aufwärmen hieß es: Wer fünfzehn Liegestütze macht, darf was trinken. Ich war fix und alle, ich hätte nicht eine Liegestütze hingekriegt, also konnte ich eben nichts trinken. Und das ganze restliche Training über haben wir nicht eine Trinkpause bekommen. Unsere Gesichter wurden blasser und blasser, ich dachte irgendwann, dass ich gleich auf den Hallenboden kotze, weil ich irgendwann einfach so am Ende war. Aber ich habe nichts gesagt, ich bin nicht einfach was trinken gegangen. Für die Gruppe. Und dann fragt irgendein dummer Penner, so kurz vor Schluss, "dürfen wir endlich mal was trinken?", ich hätte ihn fast geschlagen, isch schwörs euch, hätte ich noch IRGENDEINE Kraft in den Armen gehabt, dann hätte ich ihm eine aufs Maul gegeben für eine Dummheit. Zehn Liegestütze für alle. Dann noch abschließende Powerrunde. Strecksprünge. Liegestütze. Sit-Ups. Danach noch eine Ansprache von den Trainern. Sie haben fünf Minuten überzogen. Wir standen in einer Reihe, und ich konnte mich nicht mehr zurückhalten, mein ganzer Körper war am Zittern vor unglaublicher Wut und Erschöpfung und die Tränen haben sich mit dem Schweiß vermischt. "Ob alles OK ist", haben sie mich gefragt, ich hätte ihnen allen beiden am liebsten vor die Füße gekotzt. Ich habe auf der Bank meine Trinkflasche stehen sehen, UNANGEBROCHEN war sie, ich habe mich gefragt, wieso ich sie überhaupt mitgenommen habe. Das ist nur eine Anekdote aus dem heutigen Training. Heute war ganz schlimm mit der Ungerechtigkeit, erst das mit dem Trinken, mit dem Vollidiot, der gefragt hat, ob wir trinken dürfen, ein überdimensional hartes Training, weil die Trainer sauer sind über den deutlich gesunkenen Anwesenheitsschnitt in den Trainings... Ach, ich könnte hundert Dinge aufzählen, über die ich mich aufgeregt habe, in dem Wissen, dass ich, wenn ich dürfte, meine Trainer - zumindest den einen - in Grund und Boden diskutieren könnte, ohne arrogant sein zu wollen (obwohl doch. Ich will jetzt grad mal arrogant sein!) - ich bin zehnmal intelligenter als er, ich kann ihm genau sagen, was mich an seinem Training stört, was er ändern könnte, dann bräuchte er mich auch nicht so dumm fragen, ob alles OK ist mit mir, obs mir gut geht. FUCK YOU GEHTS MIR! Danke, dass mir bald nicht mal mehr Training Spaß machen wird, wenn es mich ankotzen wird dein Gesicht zu sehen und ich schwör dir, nächstes Mal geb ich dir mit meiner Flasche eins auf die Nase, und ich sag dir, so 'ne volle Wasserfalsche, die tut weh, man!
Ob alles OK ist. Nichts ist OK. Ich bin unglücklich, mit der Uni, auf der Arbeit, im Training, ich bin alleine, ich habe als fast allereinzige aus meinem engeren Freundeskreis keinen Freund, der bei mir ist, der mich glücklich macht, ich bin nicht mehr zuhause bei meiner Familie, lebe stattdessen mit einem unterbelichteten Kiffer und meinem Cousin zusammen, der grad zehnmal keine Lust hat, sich irgendein Gejammer von mir anzuhören, ich vermisse meine Familie, ich vermisse, das meine Schwester und ich uns perfekt verstanden haben, aber seit sie 18 geworden ist, ist sie ein anderer Mensch, immer noch meine Schwester, die ich liebe, aber wenn ich sie so kennenlernen würde, als irgendeinen Menschen, ich weiß genau, wir würden uns nicht mögen. Mir fehlt mein Vater, mir fehlt meine Mutter, mir fehlt mein Bruder, mir fehlt mein altes Zimmer (das meine Schwester komplett umgeräumt und ausgemistet hat), mir fehlt mein altes Leben.
Ich halte diese Ungerechtigkeit nicht mehr aus. Die Unzufriedenheit geht bei mir inzwischen in Neid auf andere über. Ich bin es so leid, mit meinem Leben hadern zu müssen. Ich bin es so leid, so tun zu müssen, als wäre ich eigentlich ganz zufrieden mit mir und der Welt. Ich finde, jetzt bin ich endlich auch mal dran, glücklich zu sein, jemanden zu haben, der mich auffängt, so wie meine ganzen glücklichen beziehunghabenden Freunde, ich habe keine Lust mehr auf "Warte ab" und "Das kommt schon noch", ich will einfach nur, dass alles wieder so ist wie früher, oder das jemand kommt, der mich aus diesem Loch herausretten kann.