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5. Dezember 2012 3 05 /12 /Dezember /2012 10:01

Gott ist ein sehr schwieriges Thema. Manche glauben so fest an ihn, dass sie für ihn einen Krieg beginnen, andere glauben so fest nicht an ihn, dass sie nur erhaben über Erstere lächeln können. Für die einen ist er die Antwort auf alles, für die anderen eine Frage für vieles. Vielen spendet der Glauben Trost und ihrer Seele eine Heimat, viele andere spenden der Kirche bloß Geld in Form von Steuern, ohne jemals hinzugehen.

Wie ich mit meinem Glauben an Gott und Jesus umgehe und wie ich zu Kirche und Bibel stehe, ist ebenso meine sehr persönliche Angelegenheit wie für jeden anderen Menschen auch und deswegen will ich hier nicht großartig meinen Glauben breittreten und erklären.

Weshalb ich jedoch diesen Artikel schreibe - und ich schreibe ihn, weil es mir am Herzen liegt, mich schriftlich über dieses Thema auszudenken: Mir ist aufgefallen, dass ich seit eineinhalb Jahren, also ungefähr seit meinem Abitur, gewissermaßen einen "religiösen Schub" hatte. Nicht, dass ich seitdem häufiger Sonntags in die Kirche gegangen wäre oder sich mein Glauben grundlegend gewandelt hätte, aber doch stelle ich eine Veränderung an mir fest. Es zieht mich irgendwie zu dem Thema hin. Ich setze mich damit auseinander. Ich blicke auf einmal anders auf religiöse Symbole und deren Bedeutungen. Ich überlege sogar, katholische Religion als mein Fach in der Uni zu belegen. Und das nicht, weil ich ein zweifelfreier, konservativer, stereotyper Kirchenfanatiker bin - sondern weil ich über Religion lernen will. Weil ich mich damit auseinandersetzen möchte. Kann es daran liegen, dass ich in der Schule nur selten die Gelegenheit dazu bekam? Ich habe in meinem Steckbrief im Abibuch geschrieben, mein Hassfach sei Religion. Wieso ziehe ich dann sogar in Erwägung, dieses Fach jetzt zu studieren?
Im Firmunterricht habe ich damals gelernt, dass viele Menschen erst zum Glauben finden, wenn etwas Schlimmes passiert, beispielsweise ein naher Verwandter stirbt. Oftmals kehren diese Leute dann zum Glauben zurück, da sie in ihm Trost, Halt und Hoffnung finden. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ein solches Ereignis mich eher vom Glauben abbringen würde, besonders, wenn die Umstände des Unglücks sehr unvorhersehbar und "ungerecht" wären. Doch da ich dieses Jahr, das sich nun langsam, aber sicher dem Ende zuneigt, bei Weitem nicht als "gut" betiteln kann, sondern ich im Gegenteil finde, dass es das mieseste Jahr seit ich erwachsen bin war, frage ich mich, ob es vielleicht genau daran liegt, dass ich so empfänglich für religiösen Input bin. Habe ich versucht, meinem Leben eine Richtung zu geben? Wollte ich meinen Glauben festigen und in die Richtung formen, damit ich endlich Antworten auf meine Fragen bekomme? Und im gleichen Zug frage ich mich dann: Hat sich mein Glauben an sich tatsächlich verändert oder ist meine Wahrnehmung einfach nur größer für das Spektrum der Möglichkeiten, Glauben zu erfahren, geworden?

Passend zu diesem Blog (vielleicht war es auch der Auslöser dafür... wer weiß) habe ich vor einigen Tagen das Buch "Die Hütte" von William Paul Young fertiggelesen. Schwere Kost, aber sehr berührend. Für diejenigen, die die Geschichte nicht kennen: Es handelt von einem Vater, dessen jüngste Tochter auf einem Familienausflug entführt und ermordet wird. Der Mann fällt in tiefste Traurigkeit und verliert jeden Glauben und jedes Vertrauen in Gott. Bis Gott höchstpersönlich ihn einlädt, ein Wochenende mit ihm in der Hütte zu verbringen, in dem seine Tochter ermordet wurde. Er macht sich also auf den Weg und verbringt ein ihn grundlegend veränderndes Wochenende mit Gott, der sich als dicke Afrikanerin präsentiert, mit Jesus, einem entspannten, nahöstlichen Schreiner und dem heiligen Geist, der in Form einer kleinen Asiatin erscheint.
Das Buch nähert sich sehr behutsam den Fragen, die einen umtreiben, wenn man beginnt, ernsthaft an Gott zu zweifeln: Wieso lässt er Unheil zu, wenn er doch allmächtig ist? Wieso verhindert er schlimme Unfälle nicht, wenn er doch alle seine Schäfchen liebt? Wie soll man in einen Gott vertrauen, der sich der Welt nicht zeigt? Und was soll das eigentlich sein, eine Dreifaltigkeit?
Und auf diese Fragen gibt das Buch sehr zärtliche Antworten, beziehungsweise Gott, Jesus und der heilige Geist geben sie dem tief verletzten Vater. Zusammenzufassen, was genau diese Antworten sind, ist genau das falsche, darum werde ich hier nichts weiter darüber schreiben. Ich finde, man sollte das Buch selber lesen und die Puzzleteile, die es dem eigenen Glauben und der eigenen Vorstellung schenkt, zu seinem ganz eigenen individuellen Bild zusammensetzen. Es ist nicht leicht und es ist nur eine Geschichte. Aber sie ist tröstlich, und sie bringt einen zum Nachdenken. Und somit war dieses Buch genau das, was ich in dieser Zeit lesen wollte.

Wie dem auch sei - ich trage mein blaues Armkettchen, an dem ein Kreuz baumelt, und ich habe nicht das Gefühl, ich trage es als Schmuckstück. Ich gehe nicht oft in die Kirche, doch wenn ich mal da war, fühle ich mich gut hinterher. Ich glaube und glaube doch nicht und dann wieder doch. Und ich habe das Gefühl, dass ich Weihnachten dieses Jahr ganz anders wahrnehmen werde. Klar weiß ich, dass wir die Geburt Jesu feiern - doch das war nie ein wirklich greifbarer Anlass und rückte sowieso auch gesellschaftlich mehr aus dem Fokus. Dieses Jahr habe ich irgendwie das Gefühl, dass ich mich freue, dass dieses Ereignis vor über zweitausend Jahren stattgefunden hat.

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